Publikum mehr als nur amüsiert


corina(rppr) Ein Lesung, erschwerend eine fragmentarische, kann dröge sein. Oder ersatzweise verwirrend. Das Autorenquartett flankiert von Heinz Koch hat dergleichen Wirkung im Theater Neu-Ulm nicht erzeugt. Wie schon beim Erfolgsrezept des „Chaos-Lesens“ besaßen auch die literarischen Darreichungen nach der Formel „Rangel-Rungel-Ringelstern. Ich küsse jeden Morgen natz“ eine anti-lähmende Wirkung auf die Synapsen des Publikums. Hilfsweise hatte der Theaterleiter gleich zu Beginn darauf hingewiesen, dass „ein Bedeutungsvorrat im Kopf“ nötig sei, sonst könne „man nicht lachen“.

Wobei den Menschen und ihren Irrungen bisweilen auch ordentlich die Leviten gelesen wurden – aus eigener Feder oder jener Iängst verblichener Autoren, von weltanschaulicher Gedankenlyrik bis zum Limerick, bisweilen skurril, mitunter surrealistisch, zumeist hintergründig und fast immer humorvoll. So brachte Florian L. Arnold unter anderem die Schöpfungsgeschichte in Schwejk’schem „Bähmisch“ zum Vortrag, inklusive der göttlichen Stockfehler bei der Erschaffung der Menschen: „Gott hat gelacht – die sind lustig, mach ich mehr davon…“! Einer davon muss auch Arnolds „Tillman P.“ sein, der sich des „Kulturvandalismus’“ schuldig gemacht hat, obwohl er nur zwölf Kapitel seines Werks auf die Tauernautobahn pinseln konnte.

Falsch lag auch, wer gedacht hatte, Heinz Erhardt hätte lediglich brave Wirtschaftswunder-Wort-Witzchen zu bieten. Erhardt-Intimus und Namensvetter Koch kramte scharfzüngige Gesellschaftskritik aus dem Fundus des einst berühmten Sprachkünstlers hervor, während Paolo Percoco einen Getthoblaster seine Geschichten aus Phantasien und Absurdistan vortragen ließ (Ghost-Speaker: Clemens Grote) und Corina Wagner neben Analogien als „Hausdrachen eine Intelligenzbestie“ austrug.

Derweil hörte Martin Gehring beim „Kongress der Kolyriker“ die „Poeten brüllen“, stieß nach einem Steilpass in die Tiefe des Raums vor („44 Beine rasen ohne Ziel –
weil sie so rasen, nennt man es ein Rasenspiel“) und jandelte sich „verbisbelt“ durch den Abend voller Hintersinn, an dem auch Dichterfürsten von Heinrich Heine via Heinz Koch eins auf die Mütze bekamen: „Es lallt der König von Thule…“

Das Publikum war mehr als nur amüsiert.

Weiter Folgen der Reihe im Theater Neu-Ulm gibt’s an folgenden Terminen:

15. und 22. Mai sowie 12. Juni, jeweils 20 Uhr. Karten unter Telefon 0731/553412.

trio

 

martin

paolo

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