Corona-time: Heinz kocht


Wenn wir in Corona-Zeiten nicht in unserer Küche, sondern live in Eurem Wohnzimmer auftreten sollten, könnte das Programm mit dem schönen Titel “Heinz kocht” so beginnen: Sie haben sich für den heutigen Abend Theaterleute eingeladen. Ich frag jetzt nicht warum. Aber Sie werden schon sehen, was Sie davon haben. Die Theater spielen hauptsächlich Faust. Jedes Jahr führt Faust die Charts an: Meist inszeniert, meist gespielt. Aber auch meistbesucht? Faust ist von Goethe, das weiß jeder; aber wer hat den Faust schon mal gesehen; oder auch nur gelesen? Die wenigsten! Ich sehe schon: Ich muss tiefer ansetzen: Wer kann lesen?

Im Ernst: Die Deutschen, das Volk der Dichter und Denker – Fragezeichen – und kennen ihren Dichter und sein größtes Werk nicht! Und wenn Sie Faust in der Schule gehabt haben, haben sie ihn schnell verdrängt. Da hängen doch zu viele schmerzliche Erinnerungen dran. Langweilige Schulstunden, schlechte Aufsatznoten, penetrante Lehrkörper*innen …

Dabei zitieren wir im Alltag alle naselang aus dem alten Schinken:

„Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“
„Das also war des Pudels Kern“
„Ach Gott! Die Kunst ist lang. Und kurz ist unser Leben“
„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“
„Hier steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor“
„Es möcht kein Hund so länger leben“
„Augenblick verweile doch, Du bist so schön“
„Die Botschaft hört ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“
„Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein“
„Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn“

Aber lassen wir das. Wir sind ja nicht wegen „Faust“ hier.

Sie haben sich hier teils nieder-, teils herabgelassen, um das gelassen an sich vorüber ziehen zu lassen, was wir nun die Stirn habe, vom Stapel zu lassen.

Also gut, lassen Sie uns den Abend genießen, Genossen …

Moooooment, da stimmt was nicht. Da hab ich’s:

Lassen Sie uns den Abend genießen Komma genossen wir doch selten einen so schönen.

Damit der Abend wirklich gelingt, müssen wir erst einmal schauen, wie wir so drauf sind.

Als Gruppe, mein’ ich.

Wir kennen uns ja gar nicht.

Wenn die Leute ins Theater zu einem bestimmten Stück kommen, ist das ja ne ganz andere Voraussetzung. Da gibt es ja ein gewisses gemeinsames Interesse.

Wir hier müssen erst einmal rauskriegen, ob wir auf etwa gleicher Wellenlänge schwingen.

Bei so einem inhomogenen Publikum kann man ja nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen.

Also machen wir sozusagen eine Blitzumfrage, werfen ein Stimmungsbarometer an.

Eine “Geister”-Stimme stellt ganz einfache, klare Fragen.

Und Sie antworten auf die Frage mit einem Stöhnen.

Verhalten stöhnen – wenn Sie die Frage nicht so arg betrifft.

Ganz laut stöhnen – wenn Sie die Frage arg betrifft.

Wir beginnen:

Die Stimme fragt:


Haben Sie auch zu wenig Geld?
Zahlen Sie auch zu viele Steuern?
Sollten Sie auch schon lange mal zum Zahnarzt?
Leiden Sie auch unter der Kontaktsperre?
Geht Ihnen der Virus auch ganz furchtbar auf den Wecker?
Halten Sie auch NIX von diesem berüchtigten stabilen Genie?
Sind Sie auch zu sexy?

Moderator:
Moment, das will ich genauer wissen: zuerst nur die Frauen:

Stimme: Sind Sie auch zu sexy?

Moderator:
Jetzt nur die Männer:

Stimme:

Sind Sie auch zu sexy?

Das alles gibt doch Aufschluss.

Ich glaub, wir können heute Abend miteinander – zeitweilig jedenfalls.

Könnte ein gelungener Abend werden. Was wir beisteuern können tun wir.

Andererseits:

Das Gelingen eines Theaterabends hängt zu 50 Prozent vom Publikum ab.
Wenn’s Ihnen also hinterher nicht gefallen hat, sind Sie zur Hälfte selbst schuld

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